6: Allergien

6.2 Allergikerkarriere - Sensibilisierung und Reaktion

Antikörper ©SWR
Antikörper

Bei 90% der Allergien spielen IgE-Antikörper die Hauptrolle. Normalerweise kommen sie nur in verschwindend geringen Mengen vor. Doch Allergiker produzieren IgE-Antikörper in Massen, um den Körper vor vermeintlich schädlichen Allergenen zu schützen.



Wer eine Allergie entwickelt, durchläuft zwei Phasen: Erst die Sensibilisierung, dann die allergische Reaktion.


Sensibilisierung

In dieser Phase kommt die Immunabwehr zum ersten Mal mit Allergenen in Berührung, etwa durch das Einatmen von Pollen. Schon Spuren davon genügen, und als Abwehrreaktion gegen diese Fremdstoffe bilden sich IgE-Antikörper in großer Zahl. So bereitet sich das Immunsystem auf erneute Attacken mit dem selben Allergen vor. Diese Phase bezeichnet man als Sensibilisierung. Sie verläuft im Prinzip genauso wie bei der Erstinfektion mit Krankheitserregern. Antigenpräsentierende Zellen in der Haut oder Schleimhaut nehmen das Allergen auf, verarbeiten es und zeigen Bruchstücke davon an ihrer Oberfläche. Werden dadurch passende T-Helferzellen aktiviert, sorgen diese dafür, dass B-Zellen allergenspezifische IgE-Antikörper herstellen. Bei Allergikern geschieht das im Übermaß.


Aktivierte Mastzelle (Modell) ©SWR
Aktivierte Mastzelle (Modell)

IgE-Antikörper weisen eine Besonderheit auf. Sie heften sich wie Antennen an die Oberfläche von Mastzellen, die u. a. im Bindegewebe und der Schleimhaut vorkommen. Derart mit empfangsbereiten Rezeptoren versehen, können die Mastzellen aktiv werden und entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzen. Die Mastzellen sind also gewissermaßen scharfgemacht und gleichen einer waffenstarrenden Bastion. Während der Sensibilisierungsphase treten noch keine Beschwerden auf.



Allergische Reaktion

Ist jemand gegen ein bestimmtes Allergen sensibilisiert, führen weitere Kontakte mit dem selben Allergen immer wieder zu einer allergischen Reaktion. Sie wird ausgelöst, wenn ein Allergen an zwei benachbarte IgE-Antikörper auf einer Mastzelle bindet. Das ist für die Mastzelle das Startsignal, entzündungsfördernde Substanzen wie Histamin auszuschütten. Schlagartig weiten sich die Gefäße. Sie werden durchlässiger, sodass mit der Flüssigkeit mehr Abwehrzellen an den Ort des Geschehens gelangen können. Die Schleimhäute schwellen an, die Schleimbildung wird angeregt, und heftiger Juckreiz tritt auf. In den Bronchien zieht sich die willentlich nicht beeinflussbare glatte Muskulatur zusammen, was häufig zu schweren Atemstörungen führt.


Antihistaminika

Eine Reihe von entzündungsfördernden Botenstoffen lässt sich durch Gegenspieler blockieren. So verhindern Antihistaminika, dass Histamin an entsprechende Rezeptoren auf dem Gewebe bindet. Dadurch kann eine allergische Reaktion mit ihren lästigen Symptomen gemindert oder sogar ganz vermieden werden.


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Trickfilm

Sensibilisierung, allergische Reaktion und Antihistaminwirkung stellt dieser Trickfilm dar.



Die durch IgE-Antikörper vermittelten unerwünschten Abwehrreaktionen bezeichnet man auch als Allergien vom Soforttyp, weil das Immunsystem sofort nach dem Kontakt mit einem Allergen aktiv wird.